Die Unternehmen der saarländischen Metall- und Elektroindustrie machen sich angesichts der stark angestiegenen Energiepreise große Sorgen um ihre Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Industriestandorts. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (ME Saar) gemeinsam mit den M+E-Verbänden auf Bundesebene. Demnach ist nahezu jeder Betrieb von den hohen Energiekosten und von verschobenen oder stornierten Aufträgen im Zuge der einbrechenden Konjunktur betroffen. „Die großen Preissprünge vor allem bei Strom und Gas belasten die Unternehmen auf mehreren Ebenen. Neben den eigenen gestiegenen Kosten werden auch Rohstoffe und Vorprodukte angesichts der hohen Energiepreise deutlich teurer“, sagt ME-Saar-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter. Für viele Unternehmen stellt sich angesichts der aktuellen Belastungen die Existenzfrage: 21 Prozent der befragten Unternehmen im Saarland sehen ihren Bestand durch die Kostensteigerungen gefährdet.
Gerade einmal sechs Prozent der Unternehmen können die Zusatzkosten vollständig oder in kostendeckendem Umfang weitergeben. Die übrigen Betriebe müssen die höheren Belastungen aus eigener Kraft stemmen. „Die Unternehmen haben dadurch im internationalen Wettbewerb einen deutlichen Nachteil, weil Konkurrenten in anderen Regionen der Welt Energie und Rohstoffe günstiger einkaufen können“, sagt Schlechter. Sieben von zehn M+E-Unternehmen im Saarland erwarten, dass ihr Gewinn zurückgeht, sechs von zehn gehen davon aus, dass sie an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. 69 Prozent verzeichnen Auftragsrückgänge. Während bisher gut gefüllte Auftragsbücher wegen Materialmängeln und stockender Produktion nicht abgearbeitet werden konnten, werden nun Aufträge storniert oder verschoben. Bei vier von zehn Unternehmen ist dies bereits eingetreten, teilweise im existenzgefährdenden Ausmaß. Knapp die Hälfte der Unternehmen kann diese Rückgänge noch nicht feststellen, erwartet sie aber in den kommenden Wochen und Monaten. „Die Zahlen zeigen deutlich, dass wir uns bereits in einer erneuten Rezession befinden“, sagt Schlechter.
Für die Wirtschaft im Saarland ist diese Entwicklung besorgniserregend: Die Unternehmen werden auf dem Weg von Transformation und Strukturwandel stark zurückgeworfen. Wegen der angespannten finanziellen Lage kürzen viele Unternehmen ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die Hälfte der Befragten plant, Investitionen zu verschieben. Drei von zehn Betrieben denken über eine Verlagerung der Produktion nach. Und jedes dritte Unternehmen sieht sich bei globalen Investitionsentscheidungen im Nachteil. Kurzarbeit und Personalabbau sind nach Aussage von jedem fünften Unternehmen zu befürchten.
Eine zentrale Anstrengung der Regierung sollte aus Sicht des Verbandes sein, die Verfügbarkeit bezahlbarer Energie sicherzustellen. Vor allem müssten die bestehenden Atomkraftwerke über das Frühjahr 2023 hinaus am Netz bleiben und auch Atomkraftwerke weiter genutzt werden. Auch der wirtschaftliche Schutzschirm für Kraftwerke muss nachgebessert werden – vor allem muss klar sein, dass Blockheizkraftwerke in Unternehmen vom Gaspreisdeckel erfasst sein müssen. „Betriebe, die frühzeitig in politisch geforderte Energieeffizienz investiert haben, dürfen jetzt nicht für ihr Engagement bestraft werden“, sagt Schlechter.
Bundesweit haben sich über 1.400 Unternehmen mit mehr als einer Million Beschäftigten an der Umfrage beteiligt. Im Saarland haben 42 Mitgliedsunternehmen von ME Saar und UV Saar mit mehr als 31.000 Beschäftigten teilgenommen.